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  • AutorenbildAlexandra Just

Die natürliche Schiefe - Erkennen und gerade richten

Aktualisiert: 26. Jan. 2020

Fast jeder Reiter hat schon einmal von der natürlichen Schiefe gehört und vermutlich auch davon, dass man sie im Training berücksichtigen soll. Sie äußert sich zum Beispiel durch:

  • das Pferd lässt sich besser nach links als nach rechts biegen, aber eine Stellung nach rechts ist normalerweise kein Problem

  • der Bauch pendelt im Schritt mehr nach rechts als nach links (gut von hinten sichtbar)

  • der rechte Hinterhuf tritt seitlich rechts neben die Spur der Vorderhand

  • der rechte Hinterhuf zeigt nach außen, die äußere Hufwand verläuft weniger steil als die innere und „schnabelt“ nach außen weg

  • obwohl beim Reiten beide Steigbügel gleich lang geschnallt sind, hat der Reiter das Gefühl, dass der rechte Steigbügel kürzer ist

  • auf dem linken Zügel ist mehr Zug als auf dem rechten Zügel

  • der Reiter knickt in der rechten Hüfte ein

  • die linke Brust ist stärker bemuskelt als die rechte Brust

Und das sind noch nicht alle Auswirkungen der natürlichen Schiefe.


Skizze: die äußere Hufwand des rechten Hinterhufs schnabelt nach außen weg:

In dem folgenden Video lässt sich der nach rechts stärker pendelnde Bauch bei zwei verschiedenen Pferden gut erkennen.


Warum gibt es die natürliche Schiefe des Pferdes überhaupt?

Darüber gibt es viele Theorien, wie beispielsweise

  • die Lage als Fohlen im Mutterbauch,

  • einseitig verkürzte Muskulatur oder

  • die unterschiedlichen Aktivitäten der Hirnhälften.

Betrachtet man die Anatomie des Pferdes, fällt auf, dass auf der rechten Seite der Blinddarm als „Gärkammer“ mit einem Fassungsvermögen von 30-70 Litern die gesamte Flanke ausfüllt. Beim Laufen schwingt die schwerere rechte Körperseite mehr nach außen ("Bauchpendel"). Das Pferd gleicht die Unwucht des Bauchpendels dadurch aus, dass es das rechte Hinterbein weiter nach außen bringt. Dadurch ändert sich die Schubrichtung in Richtung linkes Vorderbein. Der Schub von hinten erfolgt mehr von der Seite, so dass das linke Vorderbein nach außen flieht und auf der Innenseite mehr belastet wird als auf der Außenseite.

Das Pferd versucht, das linke Vorderbein mittels Muskelkraft unter dem Schwerpunkt zu halten. So trainiert sich der linke Brustmuskel mehr auf als der rechte, dabei zieht der Brustmuskel das Bein in die Innenrotation (das Pferd wird bodeneng, das Bein steht innenrotiert). Um das linke Vorderbein zu entlasten und dessen Verschleiß vorzubeugen, stellt das Pferd den Hals minimal nach rechts. So bildet sich eine „hohle Seite“ bezogen auf die Halswirbelsäule.



Um die natürliche Schiefe des Pferdes zu vermindern, muss man das Pferd durch Training geraderichten, was gar nicht so einfach ist. Geraderichtung heißt, dass die Hinterhand auf die Vorhand einspurt, dadurch werden die Körperseiten gleich stark belastet. Um die Geraderichtung zu erreichen, sollte man es zunächst vermeiden, direkt nach der Fütterung zu trainieren, weil durch die Nahrungszufuhr der Blinddarm an Volumen zunimmt. Das bedeutet auch, dass Geraderichtung kein einmaliger Prozess ist, der irgendwann abgeschlossen ist, sondern in jeder Trainingseinheit relevant ist.


Folgende Übungen sind hilfreich für die Geraderichtung im Training:

  • Schräg über die Seiten des Pferdes zieht der äußere Bauchmuskel. Dieser kann helfen, den Ausschlag des Bauchpendels zu reduzieren. Daher kann man bereits im Schritt das Pendeln des Bauches mithilfe des Schenkels abfangen, indem man den rechten Schenkel etwas mehr zurücklegt.

  • Galopp trainiert die Bauchmuskulatur; Rechtsgalopp wirkt wie eine „Drainage“

  • In Längsbiegung auf der rechten Hand reiten, das rechte Hinterbein muss verstärkt Last aufnehmen (hier darauf achten, dass das Pferd nicht über die innere Schulter hineinfällt)

  • Seitengänge, die das schwächere rechte Hinterbein trainieren

Mit der Geraderichtung muss so früh wie möglich begonnen werden und nicht erst nachdem Takt, Anlehnung und Schwung erarbeitet wurden, wie die Skala der Ausbildung der FN besagt.


Ich hoffe, dass der Blogartikel etwas Klarheit in das Gebiet natürliche Schiefe gebracht hat und ich euch weiterhelfen konnte! Ich wünsche euch und euren Pferden viel Erfolg beim Ausprobieren :)


Eure Dorothee


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