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AutorenbildAlexandra Just

Scheitern an den eigenen Erwartungen

Meist gehen wir mit bestimmten Erwartungen an eine Situation heran, so auch an das Training mit unserem Pferd. Im günstigen Fall planen wir im Vorfeld, was wir mit unserem Pferd machen wollen, und hinter unserer Planung steckt Sinn und Verstand. Im günstigen Fall können wir den Stand unseres Pferdes so gut einschätzen, um zu beurteilen, welche Anforderungen wir stellen können. So bilden wir unsere Erwartung aus, indem wir das gewünschte Verhalten unseres Pferdes auf die von uns gestellte Aufgabe antizipieren. Wir erwarten, dass unser Pferd gut mitarbeitet, Spaß an der Arbeit hat und das Abgefragte leisten kann.


Aber was, wenn unser Pferd nicht gut mitarbeitet, es anscheinend keinen Spaß an dem hat, was wir uns ausgedacht haben oder das Abgefragte nicht leisten kann oder will?


Dann stehen wir unter Umständen der Herausforderung gegenüber, nicht nur mit dem Pferd, sondern auch an uns selbst zu arbeiten.

  • Wir können an unserem Plan festhalten und unsere Vorstellungen konsequent (notfalls gegen Widerstand) durchsetzen.

  • Wir können an unserem Plan festhalten und dabei besonderen Fokus auf unsere Erklärung legen, um es dem Pferd so leicht wie möglich zu machen.

  • Wir können unsere Erwartungshaltung herunterschrauben.

  • Wir können unserem Pferd zuhören und das annehmen, was es in der Situation anbietet.

  • Wir können unseren Plan aufgeben und das Training beenden.


Für welche Verhaltensweise wir uns entscheiden, ist maßgeblich von unseren Werten und Glaubenssätzen (Überzeugungen) abhängig. Beispielsweise gehen wir oft entweder davon aus, dass wir gut genug erklären, oder wir werden unsicher, weil wir uns dauernd fragen, ob wir richtig erklären.


Für mich ist entscheidend, dass ich mit meinem Pferd schnellstmögliche, aber nachhaltige Erfolge habe und Freude dabei empfinde. Erfolg bedeutet für mich, dass mein Pferd und ich sukzessive weiter kommen. Zu schnelle oder erzwungene "Erfolge" gehen oft zu Lasten der Pferdegesundheit. Mein Pferd möchte ich gesund in Körper und Psyche trainieren. Es soll möglichst stressfrei lernen, denn nur im stressfreien Zustand ist ein Pferd neugierig und offen für neue Aufgaben. Und meine Erfahrung ist, dass Pferde grundsätzlich neugierig sind, wenn sie keinen Stress empfinden. Dann liegt es nur noch an unserer Erklärung / Körpersprache. Also können wir uns zuerst fragen, ob unser Pferd Stress empfindet. Stress kann dabei Interieur-bedingt, Umwelt-bedingt, Gesundheits-bedingt oder Anforderungs-bedingt sein. Ist eine Aufgabe zu schwer oder unsere Erklärung nicht gut genug, kann die fehlende Fähigkeit zu Frust beim Pferd führen und dies wiederum zu Widersetzlichkeit.


Unsere Erwartungen können in zweierlei Hinsicht schwierig sein:

  • unsere Erwartungen an uns selbst: Wenn wir die Erwartung an uns selbst haben, unserem Pferd perfekte Erklärungen zu geben und keine Fehler machen zu dürfen, weil das Verhalten des Pferdes direktes Feedback unserer Kompetenz ist, fühlen wir uns inkompetent oder mangelhaft, wenn etwas nicht funktioniert. Erwarten wir jedoch zu wenig von uns selbst, ist unser Anspruch gering und ggf. die Qualität unserer Kommunikation mit dem Pferd und unserer Trainingsplanung nicht ausreichend.

  • die Erwartungen an unser Pferd: Das eigene Pferd ist das beste und klügste, ist immer lernwillig und fähig, die von uns gestellten Anforderungen zu erfüllen. Erwarten wir allerdings zu wenig von unserem Pferd, ist der Anspruch zu gering und kein Trainingseffekt erreichbar.

So stellt jede Trainingseinheit mit dem Pferd eine Möglichkeit dar, uns selbst und unsere Erwartungen an uns selbst und andere zu reflektieren und auf ein Maß einzuschwingen, das uns Erfolge, Freude und ein gesundes und glückliches Pferd beschert. Zufrieden und erfolgreich bleibt derjenige, der das mittel- und langfristige Trainingsziel im Blick behält und in der konkreten Trainingseinheit reflektiert und flexibel genug ist, auf die eigene Lernsituation und die seines Pferdes einzugehen.


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