Früher dachte ich, dass ein Pferd am besten jeden Tag geritten werden sollte, damit es im Training bleibt. Ich habe mir allerdings keine Gedanken gemacht, als ich für eine Woche in den Urlaub gefahren bin. Der hat halt mal Pause und gönnt sich ein bisschen Wiese, dachte ich. Als ich zurück war, lief mein Pferd hinten wie auf Eiern, weil es in der einen Woche Urlaub so viel Muskulatur verloren hatte, dass die Hinterhand instabil wurde.
Heute weiß ich: Es ist weder gut, unser Pferd jeden Tag zu reiten noch zu viel Pause zu machen. Das richtige Maß und die richtigen Übungen sind notwendig, das Pferd und sein Trainingszustand bestimmen das Training. Und ganz egal, ob Freizeitpferd oder Turnierpferd, wir brauchen einen Plan, mit dem wir unser Pferd gesund erhalten können. Mit dem richtigen Training schützen wir das Pferd vor Verletzungen.
Training bedeutet, gezielt und systematisch die Anpassungsmechanismen des Körpers zu nutzen, um die für den jeweiligen Einsatzzweck notwendige Muskulatur, Knochen und Faszien (dazu zählen Sehnen, Bänder und Bindegewebe) sowie die notwendigen psychischen und kognitiven Fähigkeiten aufzubauen oder zu erhalten.
Das Training zu planen setzt voraus, dass wir neben dem gewünschten Einsatzzweck die Schwächen unseres Pferdes sowie bestimmte Trainingsprinzipien kennen. Die Schwächen können wir anhand einer Analyse des Exterieurs und der Gangmechanik des Pferdes erkennen. Insbesondere der Seitenvergleich gibt Aufschluss über mögliche Schwachstellen.
Unter Berücksichtigung des bisherigen und gewünschten Einsatzes des Pferdes und der Analyseergebnisse kann ein Trainingsplan erstellt werden. Dieser sollte mindestens 8-9 Wochen umspannen, da Muskulatur so lange benötigt, um sich aufzubauen. Außerdem ist zu beachten:
Um sich anzupassen, braucht der Körper einen überschwelligen, d.h. deutlich über dem aktuellen Niveau angesiedelten Trainingsreiz, bei dem die Energiespeicher der Muskulatur ausgeschöpft werden. Wie stark ein Trainingsreiz tatsächlich ist, kann nur mit Hilfe einer Pulsanalyse erkannt werden.
Innerhalb der Trainingseinheit muss nach einer Belastung eine Pause von 4-6 Minuten erfolgen, um die Energiespeicher der Muskulatur wieder aufzufüllen. Je schneller der Ruhepuls nach einer Belastung erreicht wird, desto besser der Trainingszustand des Pferdes.
Nach einem überschwelligen Reiz braucht der Körper eine Regenerationsphase, in der der Körper wieder ein Gleichgewicht seiner Funktionen herstellt und die je nach Belastungsdauer und -intensität zwischen 1 und 10 Tagen (z.B. nach einem Distanzritt oder einem Springturnier) dauern kann. Alte Pferde brauchen zudem mehr Erholungsphasen als junge.
Zwischen der 3. und 4. Trainingswoche ist die Gesamtbelastung für ca. 1 Woche zu reduzieren (d.h. keine überschwelligen Reize setzen), damit die in der Zeit ablaufende Funktionsoptimierung nicht gestört wird.
Der Körper hat sich nach ca. 6 Wochen an das neue Belastungsniveau angepasst.
Danach braucht er eine Stabilisationsphase von ca- 3-4 Monaten, in der das neue Belastungsniveau gehalten wird.
Knochen, Sehnen und Bänder benötigen eine deutlich längere Anpassungsdauer als Muskulatur. Manche Sehnen benötigen 2 Jahre bis zu ihrer Ausreifung. Folglich dürfen wir bei einem jungen Pferd nicht Muskulatur antrainieren, ohne ihm dabei Zeit zu geben, die Sehnen und Bänder auch entsprechend zu stärken. Die Knochendichte hat sich nach 4 Monaten dem Belastungsniveau angepasst.
Ich hoffe, ich konnte Euch ein wenig für das Thema Training sensibilisieren und wünsche euch viel Spaß und Erfolg mit eurem tierischen Partner.
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